Fanny Chollet – Vom Pilatus Trainer zum Kampfjet
Die erste und einzige Kampfjetpilotin der Schweiz ist das beste Beispiel dafür, dass man mit Talent und Engagement alles erreichen kann. Im Gespräch mit der Pilatus Lernenden Véronique Geiser erzählt Fanny Chollet von ihrer Hoffnung, dass es irgendwann normal ist, dass Frauen Kampfjets fliegen und verrät, welche Erfahrungen sie mit den Pilatus PC-7 und PC-21 gemacht hat. Pilatus Flugzeugwerke AG
Ein Herzenswunsch geht in Erfüllung
Regnerisches und trübes Wetter herrscht an diesem frühen Abend auf dem Flugplatz in Emmen. Für Véronique Geiser, Lernende Anlagen- und Apparatebauer im letzten Lehrjahr bei Pilatus kein Grund, Trübsal zu blasen. Im Gegenteil: Aufregung und Vorfreude sind ihr ins Gesicht geschrieben. Heute geht ihr Herzenswunsch in Erfüllung – ein Treffen mit ihrem grossen Vorbild. Nachdem wir alle Formalitäten beim Empfang des Militärflugplatzes Emmen erledigt haben, begeben wir uns zum Neubau «Zentrum Luftfahrtsysteme Emmen». Sofort erkennen wir Fanny Chollet in ihrem auffälligen orangen Fliegeroverall. Sie empfängt uns mit einem freundlichen Lächeln. Wir nehmen in einem kleinen Schulungszimmer Platz und starten das Interview. Dank Fannys charmanter Art ist bei Véronique die Nervosität schnell verflogen.
Faszination Kampfjets
Fanny Chollet ist in einem Hause aufgewachsen, in dem der Pilotenberuf ein wichtiger Bestandteil ist. Der Grossvater, Vater und auch ihre Cousins sind in der Aviatik tätig. Der Wunsch, selbst einmal Militärpilotin zu werden, kam ihr während der Zeit am Gymnasium. Véronique hat mit ihrer Berufslehre bei Pilatus als Anlagen- und Apparatebauerin zwar einen anderen Weg eingeschlagen, das Interesse für Technik, Militär und die Faszination für Kampfjets verbindet die beiden Frauen dennoch. Véronique möchte natürlich wissen, was die wichtigsten Fähigkeiten sind, um eine Kampfjetpilotin zu werden. «Neben der grossen Verantwortung, die man trägt, spielt auch viel Flexibilität und eine rasche Aufnahmefähigkeit eine wichtige Rolle. Nur die wenigsten Anwärter schaffen es bis in den Kampfjet», erzählt Chollet.
Kompetenter Nachwuchs – unabhängig ob Mann oder Frau
Obwohl Fanny Chollet bis heute die einzige Kampfjetpilotin der Schweiz ist, hat sie nie Differenzen mit ihren Berufskollegen wahrgenommen. Es seien vor allem die Medien, die es zum Thema machen. Eine Sonderstellung lehnt sie entschieden ab. «Ich habe nicht mehr und nicht weniger geleistet als meine Kollegen», sagt sie. Dennoch ist die Tatsache, dass nun auch eine Frau in der Schweiz Kampfjets fliegt, ein wichtiges Signal für alle Frauen, die sich eine solche Laufbahn vorstellen können. In anderen Ländern steuerten die ersten Pilotinnen schon vor Jahrzehnten Kampfjets. So ermutigt Fanny auch Véronique, selbstbewusst diesen Weg einzuschlagen. Ein erster Schritt ist die fliegerische Selektion bei SPHAIR. «Nimm die Challenge an, mach den fliegerischen Vorkurs bei der Ausbildungsplattform SPHAIR und versuch es einfach. Es ist der perfekte Einstieg in die Aviatik, sei es für die zivile oder für die militärische Karriere.»
Ausbildung mit Pilatus Flugzeugen
Fanny Chollet erinnert sich an die einjährige Ausbildung auf den Propeller-Trainingsflugzeugen PC-7 und PC-21 sowie anschliessend auf dem Kampfjet F/A-18. Die Schritte zwischen den drei Flugzeugen seien gross. Sie musste sich sehr rasch an völlig neue Bedingungen und physische Belastungen gewöhnen. Besonders der Sprung vom PC-7 zum PC-21 war schwierig . Es kamen ganz andere Übungen auf Fanny zu und das gesamte System war viel komplexer. Der PC-21 stellte eine ideale Basis für den Wechsel zum F/A-18 dar. Viele Erfahrungen aus dem einmotorigen Turboprop-Trainingsflugzeug konnte Chollet mitnehmen. Die Radarsystem Simulation und auch die Display-Steuerung seien bei beiden Flugzeugen ähnlich. Aus Chollets Sicht liegt der einzige, dennoch grosse Unterschied beim Tempo. Beim Kampfjet F/A-18 muss alles viel schneller gehen, die Leistung sei enorm. «Die Ausbildung auf den Pilatus Trainingsflugzeugen habe ich wahnsinnig geschätzt. Wir Piloten erleben täglich, was unsere Jets können müssen», sagt sie. «Daher ist es so wichtig, dass wir uns zu jedem Zeitpunkt sicher fühlen und uns auf die Flugzeuge verlassen können.»
Durchhaltewillen ist gefragt
Die Ausbildung dauert lange, gleichzeitig muss man sehr viel auf einmal aufnehmen und umsetzen können. «Wenn wir etwas noch nicht beherrschten, blieb wenig Zeit, um dies aufzuholen. Die Selektion ist knallhart. Aber das Schöne an meinem Job ist, dass man jeden Tag besser werden kann», sagt Fanny Chollet. «Nach jedem Training oder Einsatz analysieren wir unsere Leistung, es ist fast wie ein zweiter Flug. Und weil die Bedingungen nie dieselben sind, lernt man immer dazu. Egal ob der PC-7 oder der PC-21, beide boten mir jeweils die perfekte Grundlage, um in ein nächsthöheres Level zu wechseln.» Mit den PC-7 fliegt sie auch heute noch regelmässig. Neben ihrer aktuellen Tätigkeit als Testpilotin bei armasuisse, ist Chollet als Instruktorin tätig und bildet Nachwuchspiloten aus.
Abschliessend erhält Véronique folgende Tipps von Fanny: «Ich empfehle dir, deinen Traum als Pilotin konsequent zu verfolgen und viel Zeit und Energie dafür zu investieren. Egal ob Mann oder Frau im Cockpit – jeder Pilot hat Stärken und Schwächen. Entscheidend sind Kompetenzen, nicht das Geschlecht.» Véronique ist sichtlich beeindruckt von Fanny Chollets eingeschlagenem Weg und deren grossartiger Leistung. Wir sind gespannt, wohin es Véronique nach ihrer Lehrabschlussprüfung diesen Sommer führt und wünschen ihr auf ihrem Weg viel Mut, Durchhaltewillen und auch ein Quäntchen Glück.