Fliegen unter Extrembedingungen
Matt Dearden (35) fliegt mit einem Pilatus Porter PC-6 seit mehreren Jahren für Susi Air in Papua, Indonesien – einer der abgelegensten Regionen der Welt. Pilatus Flugzeugwerke AG
Matt Du warst in der Serie «Worst Place to be a Pilot» zu sehen, welche von dem britischen TV-Sender Channel 4 produziert wurde. Ist Papua wirklich so ein schlimmer Ort, um Pilot zu sein?
Der Titel der Serie darf wohl mit einem Augenzwinkern verstanden werden. Für mich persönlich ist Papua ein grossartiger Ort, um Pilot zu sein, speziell wenn man mit einem Pilatus Porter PC-6 fliegen darf. Der PC-6 ist perfekt geeignet für Flugoperationen in diesem schwierigen Gelände.
Würdest Du dich als echten Buschpiloten bezeichnen?
Ich lebe in einer der entlegensten Regionen der Welt und fliege mit dem besten STOL-Flugzeug (Abk. für Kurzstart und -lande-Flugzeug) auf dem Markt die schwierigsten Naturpisten auf diesem Planeten an. Ich denke, das kommt einem Buschpiloten schon sehr nahe.
Wie bist Du zu diesem Job gekommen?
Von Susi Air habe ich das erste Mal vor sechs Jahren gehört, nachdem ich mein kommerzielles Flugtraining in Grossbritannien abgeschlossen hatte. Ich habe mich bei ihnen beworben und sie boten mir eine Stelle in ihrer Cessna C208B Grand Caravans Flotte an. Nach zwei Jahren als Copilot und Kapitän schlugen sie mich schliesslich für den Pilatus Porter PC-6 vor. Zuerst absolvierte ich mehrere Trainingsflüge auf dem PC-6 und begann verschiedene Naturpisten in den Regenwäldern von Borneo, einer Insel im indonesischen Archipel, anzufliegen, bis ich letztendlich in Papua stationiert wurde. Dort fliege ich nun seit drei Jahren. Die Kombination aus eindrucksvollen Berglandschaften und dem Fliegen des Pilatus Porter machen diesen Job einzigartig!
Im Moment lebst Du in Wamena, wie ist das Leben dort?
Wamena ist eine überschaubare Stadt im Hochgebirge von Papua. Sie liegt auf über 1500 Meter über dem Meeresspiegel. Die Menschen dort pflegen einen gemächlichen Lebensstil und sind sehr entspannt. Nebst dem Fliegen bietet der Ort noch weitere interessante Aktivitäten wie Wandern und Biken. Trotz allem ist es natürlich in erster Linie das Fliegen, das uns Piloten hier hält!
Wie sieht Dein typischer Arbeitstag aus?
Ich stehe bereits um 4.30 Uhr auf, damit das Flugzeug bei Sonnenaufgang so gegen 5.30 Uhr bereit ist für den ersten Flug. Wir bevorzugen es, früh zu starten, weil der Wind in den Morgenstunden gewöhnlich schwächer bläst. Die Anzahl der Flüge variiert von Tag zu Tag. Manchmal führen wir nur vereinzelt Flüge durch und dann wieder fünf oder mehr pro Tag.
Was schätzt Du besonders am PC-6? Was magst Du weniger?
Der PC-6 ist ein echter Pilotentraum. Die Kontrollsysteme sind perfekt abgestimmt und die Bedienung leicht und voraussehbar. Aufgrund der exzellenten Manövrierfähigkeit dieses Flugzeuges können wir auch bei engen Raumverhältnissen Manöver fliegen, beispielsweise in schmalen Tälern wenden oder durch kleine Löcher in den Wolken sinken. Oft ist der PC-6 das einzige Flugzeug, das bei den schwierigen Pistenverhältnissen, die hier in Papua herrschen, starten und landen kann und das sogar mit schwerer Fracht. Zudem erlaubt es die Konfiguration des Heckrades die unglaublich steilen Pisten hier anzufliegen. Diese weisen eine Steigung von bis zu 30 Prozent auf! Das einzig Negative aus meiner Sicht sind die Frontsitze, sie könnten bequemer sein.
Die kurzen Pisten und das unberechenbare Wetter in dieser Region stellen eine tägliche Herausforderung dar. Hast Du manchmal Angst?
Ein wenig Angst zu haben ist sicherlich nicht schlecht. Sie kann helfen, sich besser zu fokussieren. Nach mehreren Tausend Starts und Landungen unter schwierigsten Bedingungen stellt sich dieses Gefühl aber nur noch sehr selten bei mir ein.
Was für Flüge führst Du für Susi Air mit dem PC-6 durch? Was genau transportierst Du?
Wir fliegen meistens von der Regierung unterstützte Routen zwischen Dörfern in der Region Papua und grösseren Städten. Es handelt sich dabei um Passagierrouten. Wir transportieren aber auch sehr oft Frachtgut, wie Baumaterialien, Lebensmittel, Kerosin oder fliegen Ambulanzeinsätze. Es ist die Abwechslung hier draussen, welche die Arbeit in Papua so aufregend macht.
Wie reagieren die Leute, wenn Du mit dem PC-6 landest?
Die lokale Bevölkerung freut sich immer sehr, wenn wir landen. Für sie ist das oft der Höhepunkt des Tages. Sobald wir die Triebwerke ausgeschaltet haben, rennen die Menschen zum Flugzeug, um herauszufinden, was wir geladen haben. Wenn ich Personen einfliege, ist es immer besonders schön zu beobachten, wie sich die Dorfbewohner freuen, ihre Liebsten wieder zu sehen.
Kannst Du uns eine Anekdote aus Deinem Arbeitsalltag erzählen?
Ich erinnere mich daran, dass ich einmal von einem Mann gejagt wurde. Er hatte eine Machete und einen Speer dabei. Gleich, nachdem ich gelandet war, kam er auf mich zu und rannte singend um das Flugzeug.
Was sind Deine Pläne in der Zukunft?
Ich würde gerne irgendwann auf komplexere Turbopropoder kleinere Jet-Flugzeuge umsteigen. Ein Flugzeug wie die PC-12 wäre der logische nächste Schritt für mich. Ausserdem würde es mich reizen, irgendwann in einer etwas dichter besiedelten Region zu arbeiten. Europa wäre schön.
Susi Air
Susi Air ist eine Indonesische Charter Airline, welche 2004 gegründet wurde. Ihren Sitz hat sie in Pangandaran, Indonesien. Die Airline startete ihren Betrieb mit zwei Flugzeugen als Reaktion auf das verheerende Erdbeben und den Tsunami im Dezember 2004, welche weite Teile Indonesiens zerstörten. Nachdem sich Susi Air anfänglich auf Flüge für Hilfsorganisationen beschränkte, begann sie ab 2006 auch kommerzielle Routen zu geplanten Zeiten von Medan aus anzufliegen. Zurzeit besteht die Flotte aus 50 Flugzeugen, davon sind neun Pilatus Porter PC-6 im Einsatz.
Worst Place to be a Pilot
Die vom britischen TV-Sender Channel 4 produzierte Serie «Worst Place to be a Pilot» handelt über die Höhen und Tiefen im Leben junger britischer Piloten, welche für Susi Air in den abgelegenen und gefährlichen Regionen Indonesiens fliegen.