Mitteilung 14.01.2022

Piloteninterview – Reto Amstutzs Fazit: «Erwarte das Unerwartete»

Aufgewachsen neben dem Flugplatz in Buochs, war die Faszination zur Fliegerei bereits als Kind vorhanden. Auch sein Spitzname blieb ihm bis heute. Während seiner Zeit am Kollegium kam Reto Amstutz mal zu spät in die Italienisch Lektion. «Reto sei in ritardo» wurde zu «Retödi» abgeleitet und später zu «Tödi». Pilatus Flugzeugwerke AG

Wolltest du schon als Kind Pilot werden?

Ja, ich bin in Buochs in der Nähe des Flugplatzes aufgewachsen. Mein Grossvater war Flugzeugmechaniker und hat eine Zeit lang ebenfalls bei Pilatus gearbeitet. Bereits ab der 3. Primarklasse war für mich klar, dass ich Pilot werden möchte.

Warum bist du Militärpilot und nicht Airline Pilot geworden?

Für mich galt die militärische Aviatik schon immer als Königsklasse. Die Dynamik und High Performance der Kampfjets, einen anspruchsvollen Einsatz über 1 – 2 Stunden leisten – das wollte ich erreichen. Der Beruf als Airline Pilot ist sicher auch spannend. Aber ich könnte mir nicht vorstellen regelmässig über 8 Stunden praktisch durchwegs gerade aus zu fliegen.

Von 2007 bis Januar 2015 bist du für die Schweizer Kunstflugstaffel Patrouille Suisse geflogen. Wie kommt man als Militärpilot in diese auserwählte Runde?

Zur Auswahl stehen jeweils nur wenige Militärpiloten. Bewerben kann man sich nicht. Das Team wählt das neue Mitglied aus. Alter und militärische Ausbildung spielen dabei zwar eine Rolle, das wichtigste ist jedoch der Charakter. Grundsätzlich geht man davon aus, dass der Kandidat das fliegerische Können mitbringt, da er Militärpilot ist und bereits den F/A-18 fliegt. Die Chemie muss stimmen und das neue Mitglied soll ins Team passen. Ich fühlte mich natürlich sehr geehrt, als ich erfuhr, dass ich ausgewählt wurde.

Was waren die fliegerischen Herausforderungen bei der Patrouille Suisse?

Im Militär lernt man zwar das Formationsfliegen, jedoch nie so nah und dynamisch und auch nicht zu sechst wie bei der Patrouille Suisse. An diese Situation musste ich mich zuerst gewöhnen. Am meisten beeindruckt hat mich jedoch das tiefe Fliegen. Das erste Mal auf 300 Fuss (100 Meter) über Grund zu fliegen und aus dem peripheren Winkel den Boden vorbeiflitzen zu sehen, ist schon sehr eindrücklich. Ein normaler Überflug ohne Manöver ist sogar auf 100 Fuss über Grund möglich. Dies wird jedoch selten gemacht – umso tiefer geflogen wird, umso weniger sehen die Zuschauer in den hinteren Rängen.

Was war dein schönstes Erlebnis mit der Patrouille Suisse?

Da gibt es viele. Die Bodo Airshow 2012 in Norwegen war ein Highlight. Bodo liegt nahe am Polarkreis. Wir hatten perfektes Wetter und super Licht. In der Schweiz zählt das Lauberhorn Rennen mit der eindrücklichen Kulisse von Eiger, Mönch und Jungfrau und dem Skispektakel zu meinen Favoriten. Die Air 14 und das 50-Jahre Patrouille Suisse Jubiläum zusammen mit 100 Jahre Schweizer Luftwaffe bleibt auch unvergesslich.

Hast du schon früher mit dem Gedanken gespielt, eines Tages bei Pilatus als Pilot zu arbeiten?

Pilatus war mir natürlich schon immer ein Begriff. Auch die PC-9 Displays vom ehemaligen Pilatus Testpiloten Bill Tyndall und seine Flüge mit dem PC-6 direkt am Bürgenstock rauf und dem Profil entlang wieder runter habe ich damals verfolgt. 2006 wurde ich von Reto Aeschlimann angefragt ob ich zum EF Team stossen möchte. Zu diesem Zeitpunkt wurde ich jedoch gerade in die Patrouille Suisse gewählt. 2014 habe ich mich entschieden die Luftwaffe zu verlassen, da ich meinen fliegerischen Horizont erweitern wollte. Im Februar 2015 hatte ich die Möglichkeit, in der Abteilung Flugoperation zu starten. Die zivile Fliegerei und die ganze Diversität fasziniert mich sehr. Ich mache Flugtests, Ferry Flüge, Kunden Demos, Foto Flüge, Schulungen für Kunden und das nicht nur mit einem Flugzeugtypen. Ich glaube, diese Abwechslung ist bei Pilatus wirklich einzigartig.

Wie reagieren die Kunden auf den PC-21 wenn sie ihn zum ersten Mal fliegen?

Sie sind jeweils von den Flugeigenschaften und den Möglichkeiten begeistert, welche das Trainingssystem bietet. Grundschulung in Sicht- oder Instrumentenflug und Verbandsflug kann trainiert werden. Ebenfalls können sie mit dem Mission System auch einen grossen Teil des taktischen Bereichs erlernen. Die taktischen Aufgaben sowie die Systembewirtschaftung und Informationsverarbeitung sind in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Mit dem PC-21 können diese Bereiche optimal abgedeckt werden.

Welche Features gefallen dir am PC-12 und am PC-24 am besten?

Beim PC-12 NGX sind die neuen Features wie Autothrottle, Touch Screen Controller und Emergency Descent Mode super. Am PC-24 gefallen mir die Versatile Jet Eigenschaften und natürlich die Fähigkeit auf Naturpisten zu landen. Das ist wirklich was Einzigartiges. Dass man diesen grossartigen Business Jet in so kurzer Zeit auf den Markt bringen konnte, ist sehr eindrücklich.

Was war dein bisher schönster Pilatus Moment?

Der erster Ferry Flug mit dem PC-21 nach Australien. Das erste Mal mit einem PC-21 um die halbe Welt fliegen und das Flugzeug schlussendlich unversehrt dem Kunden übergeben zu können, ist eine riesige Genugtuung. Man ist 11 Tage lang sozusagen «lonley in the sky» unterwegs, fliegt viele Stunden über Wasser – mit einem Single-Engine Turbine Flugzeug auf dem Schleudersitz. Ein richtiges Abenteuer halt.

Welches Flugzeug möchtest du unbedingt einmal fliegen?

Zwar eher unrealistisch aber sehr spannend wäre ein Flug mit dem F-22 Raptor, welcher eine eindrückliche Manövrierfähigkeit aufweist. Dieses Flugzeug wird jedoch nur in der amerikanischen Luftwaffe geflogen. Realistischer ist ein Flug mit dem P-51 Mustang aus dem 2. Weltkrieg. Ein wunderschöner Oldtimer mit kernigem Sound.

Welches Flugzeug würdest du kaufen, wenn Geld keine Rolle spielen würde? Und wie würde es aussehen?

Ich würde wahrscheinlich einen ganzen Flugzeugpark kaufen, wenn Geld wirklich keine Rolle spielen würde. Ein PC-24, ein PC-12, ein PC-21, ein Segelflugzeug Nimbus-4 und dazu den P-51 Mustang. Aussehen würden sie eher elegant und stilvoll. Den PC-24 würde ich in schlichtem Weiss mit blauen Streifen bemalen lassen. Wenn es nach meinen Kindern geht, müsste die Bemalung jedoch kunterbunt sein, wenn möglich mit den bekannten «Paw Patrol» Figuren drauf.

Reto, vielen Dank für deine Zeit und die tollen Einblicke!