Mitteilung 08.03.2023

Ejection Seat – Gewaltige Kräfte wirken auf unseren Körper

Das Auslösen des Schleudersitzes bewirkt eine Stärke von über 12 G, was dem zwölffachen Körpergewicht entspricht. Diese kann sich auf die Grösse des Menschen auswirken, indem er an Körpergrösse verliert. Pilatus Flugzeugwerke AG

Der Schleudersitz soll dem Piloten im Notfall das Leben retten, jedoch ist das Auslösen nicht ganz ungefährlich. Innerhalb von ein bis zwei Sekunden nach der Auslösung beträgt die Beschleunigung bis zu 12 g. Diese enormen Kräfte sind nötig, damit sich der Fallschirm in einem Notfall entfalten kann, bevor der Pilot den Boden erreicht.

In der Praxis kann das Auslösen des Schleudersitzes nicht geübt werden. Bei einem bodenstehenden Flugzeug wird der Pilot bis zu 40 Meter hoch in die Luft geschleudert. Die Mechanikerinnen und Mechaniker nehmen an diversen Kursen beim Pilatus Lieferanten Martin Baker teil und kennen somit den Ablauf inund auswendig. Die Martin-Baker Aircraft Company ist ein Pionier und heute Weltmarktführer bei der Entwicklung und Herstellung von Schleudersitzen. Der Kurs «Schleudersitz Allgemein», «Fallschirm» und «Notfallpaket » findet teilweise auch bei Pilatus in Stans statt.

Je nach Notlage hat der Pilot innert kürzester Zeit zu entscheiden, ob der Schleudersitz ausgelöst werden muss. Der Schleudersitz wird mit einem kräftigen Ziehen an einem Griff ausgelöst. Die weiteren Schritte erfolgen automatisch.

  • Gurte werden gestrafft
  • Primäre Ladung wird gezündet
  • Verriegelung wird gelöst
  • Diverse Anschlüsse werden gelöst (Sauerstoff, Kopfhörerkabel, elektrischer Anschluss, AntiG Hose, Notfall-Sauerstoff)
  • Cockpit gesprengt
  • Raketenmotor gezündet
  • Barostatisches Gerät aktiviert
  • Fallschirm abgeschossen
  • Pilot wird im Sitz stabilisiert
  • Steuerkasten abgeschossen
  • Fallschirm herausgezogen
  • Leere Box fliegt mit einer separaten Hilfsrutsche weg
  • Pilot trennt sich vom Sitz und landet mit dem Notpaket

Während vier Tagen erfolgt die Endausrüstung inklusive munitionieren des Schleudersitzes. Bei Pilatus sind die folgenden Flugzeugtypen mit Schleudersitzen ausgerüstet:

  • PC-7 MkII und PC-9 (MKK11A Schleudersitz) – wird im Flugzeug erst fertig munitioniert, da noch etliche Anschlüsse und Teile angeschlossen werden müssen.
  • PC-21 (MK16C Schleudersitz), welcher vor dem Einbau fertig munitioniert werden kann und beim Einbau nur noch drei Stecker angebracht werden müssen.

Kontrolle geht über alles

Bei jeder Kontrolle eines Schleudersitzes wird ein Funktions- und Leak-Test durchgeführt. Es werden diverse Adapter montiert, welche durch Luftdruck die Funktionen simulieren. Die Sitze sind seitens Martin Baker zertifiziert. Bei Pilatus gab es in all den Jahren noch kein einziger Fall einer Fehlfunktion eines Schleudersitzes.

Benedikt Kaiser, Senior Schleudersitz Mechaniker, ist bereits seit 45 Jahren bei Pilatus tätig. Nach wie vor findet er es spannend, dass die Komponenten fast ausschliesslich mechanisch funktionieren. Benedikt ist als «Schleuder-Beni» bekannt, da er einen Einmann-Betrieb darstellt. Schleuder-Beni hat bereits über 700 Sitze ausgerüstet und eingebaut. Zudem hat Schleuder-Beni dieselbe Anzahl an Kontrollen der Schleudersitze durchgeführt. «Es erstaunt und fasziniert mich immer wieder, dass ein Schleudersitz mit knapp 500 Komponenten zusammengebaut wird», erwähnt Benedikt stolz.