Mini PC-24! – Andrew Herzfeld baut einen Super Versatile Jet der Superklasse
«Mit jedem Flugzeug, das ich baue, wage ich mich auf eine neue und anspruchsvollere Ebene», erzählt der Modellflugzeugbauer Andrew Herzfeld. Mit dem Modell des PC-24 Ambulanzjets will er nicht nur abheben, sondern gleichzeitig Spenden für den «Royal Flying Doctor Service of Australia RFDS» sammeln. Pilatus Flugzeugwerke AG
Andrews Leidenschaft für Modellflugzeuge wurde bereits in frühester Kindheit geweckt. Zusammen mit seiner Familie lebte er in einem zweistöckigen Haus mit Blick auf den Flughafen der westaustralischen Stadt Perth. Von der Veranda aus liess Klein-Andrew regelmässig Papierflugzeuge starten – mit mehr oder weniger Erfolg: «Manche Papierflieger stürzten sofort ab, andere hingegen flogen weit und landeten auf dem Grundstück der Nachbarschaft, oder in den Baumwipfeln», erzählt Andrew mit einem Schmunzeln. Neben den ersten Flugversuchen auf dem elterlichen Grundstück besuchte er regelmässig die lokale Modellfluggruppe. «Manchmal schenkte mir jemand aus der Gruppe angeknackste Teile von Flugzeugen, deren Landung nicht so elegant verlief. Ich habe diese beschädigten Stücke mit nach Hause genommen, die Konstruktion studiert und damit gebastelt. So konnte ich mir viel Wissen aneignen.»
Nach der Schule arbeitete Andrew zunächst als Krebsfischer und kaufte sich mit dem ersten Lohn ein Modellsegelflugzeug. Etwas später gründete er zusammen mit Kollegen seine eigene Modellfluggruppe an einem College und brachte Interessierten das Fliegen von Modellflugzeugen bei. «Das Hobby bietet viel – es macht nicht nur Spass, sondern bringt den Jugendlichen auf spielerische Art und Weise Physik, Geometrie und Aerodynamik näher. Darüber hinaus lernen sie, geduldig und genau zu sein. Das Modellfliegen ist schlicht grossartig für die geistige und körperliche Gesundheit.» In den 1990er Jahren erwarb Andrew schliesslich seinen Berufspilotenschein und war danach in verschiedenen Funktionen am Flughafen Perth tätig.
Der PC-24 Ambulanzjet
Nach dem Erfolg seines vorherigen Modells, dem weltgrössten Jumbo Jet (Boeing 747), wurde Andrew oftmals gefragt, was er als nächstes bauen würde. Seine jahrelange Krankheitsgeschichte sowie der Unfall eines engen Freundes in einem abgelegenen Wüstengebiet machten dem 56-Jährigen die Notwendigkeit des RFDS bewusst: «Der sichere, schnelle und effiziente Einsatz des RFDS rettete meinem Freund das Leben. In diesem Moment war klar, dass mein nächstes Modell ein PC-24 Ambulanzjet werden sollte. Damit will ich den RFDS, dessen Personal und den lebensrettenden Service würdigen.»
Andrew wusste, dass die Flugzeugflotte des RFDS grösstenteils aus Pilatus Flugzeugen besteht und begann, auf der Homepage nach geeigneten Modellbauplänen zu suchen. Um den PC-24 möglichst detailgetreu nachbauen zu können, gewährte ihm der RFDS Western Australia Zugang zum zentralen Hangar am Flughafen Jandakot bei Perth. «Der RFDS hat mein Projekt von Anfang an unterstützt und mir viele Gelegenheiten geboten, das Flugzeug in Originalgrösse zu besichtigen. Ich durfte nicht nur Masse nehmen – der RFDS hat mir auch dabei geholfen, die Originalfarben zu erhalten», erzählt Andrew. Darüber hinaus hatte er Gelegenheit, mit der PC-24 Crew zu sprechen, welche ihm Ratschläge und Empfehlungen zu den Eigenschaften des Flugzeugs geben konnte.
Detailgetreues Beinahe-Original
Trotz einigen Herausforderungen mit Materialien, Kosten und Lieferengpässen war Andrew während der über dreieinhalbjährigen Bauzeit völlig vertieft in seine Beschäftigung: «Die Arbeit an diesem leidenschaftlichen Projekt half mir, die schwierigen Tage meiner Krebsbehandlungen zu überstehen und teilweise sogar etwas zu vergessen.»
Das fertige Modell des PC-24 hat eine geschätzte Flugzeit von zehn Minuten. Mit 63 verbauten elektronischen Komponenten, einer Flügelspannweite von 5,6 Metern und einem Abfluggewicht von 80 Kilogramm ist es gut ein Drittel so gross wie das Original und ähnelt ihm bis ins kleinste Detail. Der Nachbau des PC-24 verfügt nicht nur über volle Flugfunktion, Positionslichter und LED-Bildschirme im Cockpit, sondern auch über ein einziehbares Fahrwerk. Darüber hinaus hat Andrew die volle Kontrolle über die beiden Turbinen, welche über FADEC-Systeme und eine vollautomatische Startfunktion verfügen. Aufgrund der Grösse musste das Modell einen sehr aufwändigen Prüfungs- und Zertifizierungsprozess durchlaufen, um die strengen Anforderungen der australischen Luftfahrtbehörde (CASA) und der Haftpflichtversicherung zu erfüllen, erzählt Andrew: «Mein Flugzeug hat inzwischen alle notwendigen Inspektionen bestanden.
Aktuell warte ich noch auf die endgültige Genehmigung, um das Modell vom Flugplatz Wagin in Westaustralien aus fliegen zu lassen.» Ein fixes Datum für den Jungfernflug steht aber noch nicht. «Ich werde oft gefragt, wann mein PC-24 zum ersten Mal fliegen wird. Darauf kann ich nur antworten: ‹Sobald das Fahrwerk den Boden verlässt›», schmunzelt Andrew.
Spenden für den RFDS
Andrew möchte sein Modell aber nicht nur fliegen lassen, sondern damit auch Schulen besuchen, um das Bewusstsein für die lebensrettenden Dienste des RFDS zu schärfen und Spenden zu sammeln. Seit vergangenem August sind bereits mehr als 40 000 Australische Dollar zusammengekommen, welche an die gemeinnützige Organisation gehen werden.
Auch wenn seine Krankheit Andrew gelehrt hat, im Moment zu leben, hat er bereits jetzt Ideen für ein kommendes Projekt: «Ich träume davon, das andere Pilatus Flugzeug der RFDS-Flotte, den PC-12, in grossem Massstab nachzubauen.» Aktuell ist ein Turboprop-Motor in der geeigneten Grösse noch nicht verfügbar. Die Modellflug-Branche entwickelt sich aber schnell – Andrew kann sich gut vorstellen, dass in ein paar Jahren die nötigen Mittel erhältlich sind. In der Zwischenzeit wird er mit seinem PC-24 noch genug zu tun haben: «Letztendlich ist die Modellfliegerei ein fantastisches Hobby, das mir hilft, die Freude am Leben zu behalten. Es gibt für mich kaum etwas Schöneres, als ein selbstgebautes Modellflugzeug am Himmel fliegen zu sehen.»