Mitteilung 09.12.2020

Piloteninterview – Jessika Venne – Von der Flugbegleiterin zur PC-24 Pilotin

Nach ihrer Ausbildung zur Flugbegleiterin wurde Jessika Venne Pilotin. In ihrer neuen Rolle führt sie heute Geschäftsflüge für ihr Unternehmen durch – und fliegt mit dem PC-24 und dem PC-12 in ganz Nordamerika. Pilatus Flugzeugwerke AG

Jessika, wolltest du schon immer Pilotin werden? 

Ich erinnere mich daran als ich meinen Eltern sagte, dass ich Pilotin werden wollte. Ich war 17 und hatte gerade die High School abgeschlossen. Da ich aus einem kleinen Ort auf dem Land stamme, wusste ich damals noch nicht, wie und wo ich anfangen sollte. Eines Morgens kam meine Mutter mit einer Zeitungsanzeige für ein Bewerbungsgespräch als Flugbegleiterin und meinte zu mir: «Wie wäre es, wenn du mal damit anfängst?» Also ging ich zum Vorstellungsgespräch und bekam den Job. Nach meinem zweiten Flug kam ich nach Hause und sagte meinen Eltern: Ich liebe es, aber ich will und werde eines Tages im Cockpit sitzen.

Wo hast du deine Flugausbildung absolviert?

Meine Privatpilotenlizenz habe ich mit 19 Jahren in St-Hubert, Quebec, erworben. Im folgenden Jahr absolvierte ich eine Woche Kunstflugtraining in der Tschechischen Republik. Anschliessend konzentrierte ich mich auf meine Karriere als Flugbegleiterin. Ich verlor aber mein Ziel, die Berufspilotenlizenz, nie aus den Augen und flog, so oft es nur ging. Schliesslich erlangte ich 2018 in Calgary, Alberta, die Lizenz für das Fliegen unter IFR-Bedingungen. Der Flug über die Berge im Westen war definitiv einer der Höhepunkte meiner Ausbildung.

Wie kamst du zu deinem jetzigen Job?

Ursprünglich wollte ich Kunstflugpilotin werden. Die Schule, an der ich meine Privatfluglizenz erwarb, hatte als Kunstflugausbildungsflugzeug eine Super Decathlon, also meldete ich mich für ein paar Kurse an. Acht Jahre später traf ich meinen damaligen Kunstfluglehrer und erzählte ihm, dass ich meine Berufspilotenausbildung abschliessen würde. Ob Schicksal oder Zufall, heute ist er Luftfahrtdirektor eines grossen Unternehmens. Er zeigte mir seine Flotte, erklärte mir die Aufgaben und gab mir meine erste Chance: ein Vorstellungsgespräch mit einem Testflug. Einen Monat später bot er mir eine Stelle auf dem PC-12 an. Ich bin ihm sehr dankbar für die Chance und das Vertrauen, das er in mich setzte.

Heute fliegst du neben dem PC-12 auch den PC-24. Erzählst du uns von deinen Trainingserfahrungen?

Ich habe mein Training bei FlightSafety International in Denver absolviert. Es war grossartig! Während der Ausbildung war ich auch in Colorado und konnte dort das neue Pilatus Endmontagewerk in Broomfield besuchen. Es war ein «Pilatus Paradies» für mich als Flugzeug-Freak. Die Qualität und Präsentation der Produkte aus erster Hand zu erleben, hat meine Bewunderung für Pilatus nur noch verstärkt.

Was gefällt dir am besten am PC-12?

Der PC-12 war das erste Flugzeug, welches ich nach der Flugschule geflogen bin. Er hat ein grossartiges und äusserst pilotenfreundliches Cockpit. Das «Synthetic Vision System» und das Glascockpit haben mir alle Sichtflüge wirklich erleichtert. Das Design ist sehr benutzerfreundlich. Ich bin auch immer wieder beeindruckt von den Fähigkeiten und der Zuverlässigkeit des PC-12, insbesondere bei all unseren verschiedenen Wetterherausforderungen. Der kanadische Winter kann kommen!

Und was gefällt dir am PC-24?

Wo soll ich anfangen? In der Lage zu sein, auf einem kleinen abgelegenen Streifen in Quebec zu starten (und zu landen) und dann nonstop nach Miami, Florida, zu fliegen, ist ziemlich erstaunlich. Das Design ist einfach spektakulär. Ich würde sagen, es ist eines der attraktivsten Flugzeuge, das ich je gesehen habe. Hinzu kommen seine Leistungen und Fähigkeiten. Ein super Gesamtpaket, weshalb es auch mein Lieblingsflugzeug ist.

Ist es schwierig, zwischen dem PC-12 und dem PC-24 zu wechseln?

Am Anfang war ich ein wenig eingeschüchtert, einen Jet zu fliegen. Aber der Übergang gestaltete sich nahtlos. Da die beiden Flugzeuge über ein fast identisches Cockpit verfügen, konnte ich mich auf meine PC-12 Cockpiterfahrungen verlassen, und mich ganz auf die Eigenschaften des Jets konzentrieren. Was wie ein riesiger Berg an Neuem aussah, entpuppte sich als lockere Wanderung: Dank all den Gemeinsamkeiten und den pilotenfreundlichen Systemkonstruktionen beider Flugzeuge ging das ganz gut. Einen besseren und leichteren Übergang zu einem Jet hätte ich mir nicht wünschen können.

Was macht deine Arbeit besonders?

Unser Team mit neun Piloten ist wie eine Familie, das ist toll. Zudem kann ich meine Erfahrung als Flugbegleiterin in meine Arbeit einfliessen lassen: mich um die Gäste an Bord kümmern und sicherstellen, dass sie ihren Flug geniessen. Man lernt seine Fluggäste kennen und baut Beziehungen auf, was die Arbeit angenehm macht und mir sehr viel Spass bereitet. Und als zusätzlicher Bonus erlaubt mir dieser Job, den ersten kanadischen PC-24 zu fliegen!

Du bist in sozialen Medien sehr aktiv – wie nutzt du dies in deinem Job?

Ich liebe meine Arbeit und sie macht mich sehr stolz. Das teile ich gerne mit meiner Familie, meinen Freunden und Fliegerkollegen. Die sozialen Kanäle erlauben mir auch, mit anderen Pilotinnen in Kontakt zu bleiben und Erfahrungen auszutauschen. Die 99er und FAST sind grossartige Communities für Frauen in der Luftfahrt.

Gibt es einen Flug, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Mit dem PC-12 können wir auf dem Flugplatz Billy Bishop Toronto City landen, einem spannenden Flugplatz direkt am Wasser im Stadtzentrum von Toronto. Der Anflug ist wunderschön, aber auch ziemlich herausfordernd, da die Piste äusserst nahe am Wasser einerseits und direkt neben den Wolkenkratzern andererseits liegt. Aufgrund der Lärmbeschränkungen verfügt der Flugplatz über spezielle An- und Abflugprozesse, ähnlich wie die Piste im Londoner Stadtzentrum. Mir gefällt der Flugplatz wirklich gut und erfreulicherweise fliegen wir Toronto regelmässig an – aber nur mit dem PC-12, da keine Jets dort landen dürfen.

Was würdest du gerne in zehn Jahren tun?

Ich arbeite in meinem absoluten Traumjob. Deshalb möchte ich auch in zehn Jahren noch für AIM Aviation arbeiten, bei der Verwaltung der Flotte helfen und neue Piloten auf unseren Flugzeugen ausbilden.

Fliegst du auch in deiner Freizeit?

Früher habe ich oft Kunstflüge gemacht. Das habe ich dann während meiner Berufspilotenausbildung unterbrochen. Es wäre toll, nächstes Jahr wieder damit beginnen zu können. Wenn ich bis dann einen PC-9 M fliegen könnte, wäre es noch besser!

Und was machst du in deiner Freizeit, wenn du nicht fliegst?

Ich bin ein sehr geselliger Mensch und ich liebe gutes Essen. Daher besteht meine Freizeit hauptsächlich darin, mich mit Freunden zu treffen, zu reisen und neue Rezepte und Restaurants zu entdecken.

Gibt es noch eine interessante Geschichte aus deinem Pilotenleben?

Als ich als Pilotin bei AIM startete, war ich gleichzeitig noch als Flugbegleiterin angestellt und jonglierte mit beiden Flugplänen. Eines Tages landete ich in Montreal als Flugbegleiterin und beendete da meine Schicht. Anschliessend zog ich meine Pilotenuniform an, da ein Flug von AIM vom selben Flughafen anstand. Als ich dann mit dem PC-12 zum Abflug rollte, hielten wir neben dem Westjet 737, mit dem ich als Flugbegleiterin ankam. Wir warteten kurz vor der Startbahn und über Funk sagte ich «Hallo» zu den Piloten von Westjet. Sie winkten mir ungläubig aus dem Cockpit zu und waren sehr überrascht zu sehen, dass ihre Flugbegleiterin von vor zwei Stunden jetzt neben ihnen im Cockpit eines PC-12 sass.

Jessika, danke für deine Zeit. Weiterhin viele spannende Flüge in unseren Pilatus Flugzeugen.